Schlaf bei Babys
Schlaf & Babys. Ich kann ein Lied davon singen. Eines, das sich aus
unterschiedlichen Strophen zusammensetzt: Mal laut, mal leise, mal schnell und
mal langsam. Der Refrain ist die einzige Konstante. Das Lied beginnt rasch und
hetzend, jedoch pendelt es sich im Laufe der Zeit in einen gleichmäßigen
Rhythmus ein. Es erzählt von Höhen und Tiefen und ist berührend, auf eine ganz
persönliche und besondere Art und Weise. Es ist emotional geladen, ist heiter
beschwingt, dann wieder lässt es erschaudern, ist düster und deprimierend,
um in einer lockeren und unbefangenen Strophe zu enden.
Jedes Elternteil kann ein Lied anstimmen. Und zwar ein ganz
individuelles. Keines ist wie das andere, und Vergleiche lohnen sich nicht.
Jedes ist ein Unikat, ein Sammelsurium zusammengesetzt aus persönlichen
Momenten, und eines ist ihnen allen gewiss: es ist ein Stück
Familiengeschichte, die bewegt und von emotionalen Momenten getragen wird.
Das Thema Schlaf ist ein hochsensibles, das wurde mir rückblickend in
den 9 Jahren Mutterschaft bewusst. Kein anderes Thema polarisiert auf derart
emotionaler Ebene. Hier scheiden sich viele Geister. Angefangen von unterschiedlichen
Meinungen, die die Elternschaft in 2 Lager spalten, mitunter begleitet von einem
starren Festhalten und Befürworten an den eigenen als einzig richtig befundenen
Glaubenssätzen. Aufgrund ambivalenter Ansichten und Einstellungen werden
Konflikte offen, anonymisiert in den unendlichen Weiten des WWW oder auch im
privaten Umfeld, mit desaströsen Folgen ausgetragen. Die Folge der Querelen:
schlechtes Gewissen und Unzufriedenheit der ZubettbringerInnen auf der einen
Seite, und auf der anderen ein Baby, das unzureichend Schlaf findet, was
wiederum an unserem Kräftehaushalt zehrt. So vielfältig sich die Schlafgewohnheiten
der Babys auch darstellen, so uniform ist der Wunsch der Eltern: das aufreibende
Thema „Schlafprobleme“ aus der Welt zu schaffen.
Im Zuge meiner Auseinandersetzung mit dem Thema Schlaf bei Babys
und unzähligen durchwachten, nervenaufreibenden Nächten in den letzten 8 Jahren,
zu denen sich hie und da sogar Selbstzweifel gesellten, stellte ich mir die
Fragen: „Kann man überhaupt von einem Schlafproblem sprechen? Ist Babys Schlaf
tatsächlich so abnormal wie wir ihn darstellen oder die Umwelt uns suggeriert
oder ist es bloß ein Bedürfnis von uns, das Baby gerne anders, perfekter und
unkomplizierter haben zu wollen? Liegt es vielleicht sogar an meiner eigenen
Einstellung und meiner Sicht der Dinge, dass ich mich von einigen wenigen DurchschläferInnen
(ja, die gibt es auch, keine Frage!) beirren lasse, und ich diese außergewöhnliche
doch im Schnitt recht selten auftretende Schlafgewohnheit sogar als Maß der
Dinge anstrebe?“
Wie alles begann
Zurück zu meinen allerersten Erfahrungen mit dem Thema Schlaf und Babys. Wir schreiben das Jahr
2009. Theoretisch war ich bestens vorbereitet auf all das, was auf uns als
Familie zu dritt zukommen würde. Hochmotiviert und mit dem Ziel vor Augen, mich
in das Thema zu vertiefen und es von Grund auf zu begreifen, deckte ich mich
mit allerhand Literatur ein. Angefangen von Klassikern und Standardwerken kamen
mir auch diejenigen unter, die dafür plädierten, es gäbe ein Programm, dessen
es sich zu unterziehen lohnte, denn, so der einheitliche Tenor: "jedes
Baby ist dazu fähig, schlafen zu lernen".
Erste Zweifel machten sich in mir breit und mein Bauchgefühl riet mir
von Anfang an: „halte dich fern von diesen Programmen.“ Denn sie wollten so gar
nicht in meine Gedankenwelt, die geprägt war von Familienbett, Stillen und
Beziehungsorientiertheit passen. Irgendetwas fühlte sich nicht richtig, nicht
natürlich an. Für mich war klar: ich akzeptiere das Schlafverhalten des Babys
so, wie es ist. Denn gestillte Babys haben nun mal einen eigenen Rhythmus, und
das ist auch gut so, wenn man die entwicklungsmedizinischen Hintergründe genauer
unter die Lupe nimmt.
Die Wissenschaft hat es bestätigt: kurzintervalliges Aufwachen ist für
die Gehirnentwicklung eines Babys von großer Bedeutung, und es ist und bleibt
nun mal die biologische Norm.
Das Baby, das 2009 das Licht der Welt erblickte, wachte im 45-Minuten
Takt auf, um gestillt zu werden. Tagsüber ein Schreibaby, das nie, ja nicht
einmal in der Tragehilfe zur Ruhe kam, hielt uns Tag und Nacht auf Trab.
Ausgelaugtheit und Erschöpfung waren die Folge. Ein Schatten meiner selbst
verspürte ich leider viel zu spät nach vielen Jahren der bedingungslosen
Aufopferung den dringenden Bedarf, mein Energiereservoir aufzufüllen. Nur
wie?
Gedankenwechsel ja, Paradigmenwechsel nein
2015. Mein Sohn wurde geboren. Mir wurde aus den Erfahrungen der letzten
Jahre, die mir den Ansporn zu einer veränderten Sichtweise gaben, bewusst: Meine
Grundsätze bleiben bestehen, aber ich mache vieles ein klein wenig anders.
Mit dem Ziel, meinen Kräftehaushalt für die anfängliche Stillzeit
mit den extrem kurzen nächtlichen Etappen zu schonen, musste ich neue mir bis
dato in der Praxis unbekannte Wege beschreiten, und es musste ein Umdenken
stattfinden, das für viele als „egoistisch“ abgetan wurde. Ich begann, mir
immer wieder tagsüber in den Stillpausen Freiräume zu schaffen, um mich sowohl
auf physischer als auch auf psychischer Ebene zu schonen. Nichts zu tun, oder
das zu tun, auf das ich in dem Moment Lust hatte, hatte oberste Priorität. Meine
Premiere für die Mama-Auszeit! Für die Zeit nur für mich, und zwar, ohne
schlechtes Gewissen aufkeimen zu lassen. Begleitet von dem Gedanken: „das, was
ich für mich tue, kommt wiederum den Kindern zugute.“ Fühle ich mich
wohl, so hat das einen positiven Effekt auf die Kinder. Sie sind entspannter
und ausgeglichener. Und so nebenbei profitieren sie von der Vorbildwirkung, die
wir in jeder Lebenslage auf unsere Kinder haben. Wir gehen achtsam mit uns und
unserer Umwelt um, und wir betreiben Selbstfürsorge.
Raus in die Natur zum Luft schnappen? Oder einfach nur auf dem Sofa mit
einer Tasse Tee oder einem guten Buch in der Hand faulenzen? Mich vormittags,
wenn das Fräulein in der Schule war, gemeinsam mit dem Baby hinzulegen, um das
nächtliche Schlafdefizit auszugleichen, war unbestritten eine meiner
wichtigsten Maßnahmen, um dem Teufelskreis Erschöpfung zu entkommen.
Und dabei war es auch ganz essentiell, sich damit abzufinden, dass das eigene
Wohlbefinden über perfektionistische Ansprüche siegte. Mich damit zufrieden zu
geben, dass ich auch mal „alle 5 gerade sein lasse“, war und ist auch heute
noch kein einfaches Unterfangen.
2 Jahre und noch immer kein Durchschlafen in Sicht?
Die nächtlichen kurzen Stillintervalle verlängerten sich mit etwa 1,5
Jahren durch sehr gemächlich eingeführtes nächtliches Reduzieren der
Stillmahlzeiten über Wochen hinweg sehr deutlich, bis ich mich letztendlich ganz
bewusst für das Abstillen entschied. Zu-Bett-geh- Rituale in einer ruhigen,
entspannten Umgebung sollten für einen ebenso entspannten Schlaf sorgen. Doch
trotz Regelmäßigkeit und viel Geduld lief es bei weitem nicht immer so, wie wir
Eltern es uns vorgestellt hatten.
Lag es etwa an uns? Was konnten wir verbessern, damit der Bube nicht so
oft aufwacht und endlich ein paar Stunden durchschläft? Sind es die Zähne oder
macht sich etwa ein Infekt breit? Oder ist es wieder einer dieser
Wachstumsschübe?
Eine Lösung war schnell zur Hand, und wir kamen zu dem Entschluss: die
Zeit ist reif für eine kleine Veränderung.
Das Kinderzimmer wurde in liebevoller Hingabe umdekoriert und mit einem
Kinderbett ausgestattet. Daraufhin wechselten sich herausfordernde Phasen mit
jenen AHA Momenten ab, die uns Eltern Mut und Hoffnung schenkten, und nach
einiger Zeit war sogar ein Rhythmus offensichtlich. Das Einschlafen im eigenen
Zimmer, mit spätem Hinüberwandern zu uns ins Elternbett war ab jetzt die Norm.
Und siehe da, die Tage, an denen man sogar im Wachzustand des Kindes das Zimmer
verlassen konnte, wurden kontinuierlich mehr.
Jedes Kind ist anders
Das Fräulein mit ihren 8 Jahren schläft sprichwörtlich wie ein Stein,
und ich wage sogar zu behaupten, sie nennt wohl den erholsamsten Schlaf hier im
Hause titantina ihr Eigen. Ja nicht einmal ein auf ihr tobender, aus
Leibeskräften schreiender kleiner Bruder kann sie am Weiterschlafen hindern.
Wenn sie schläft, dann schläft sie. Pünktlich um 7 oder auch mal eine halbe
Stunde später. Sie hat ihren eigenen Rhythmus gefunden. Sie hat uns als
allererste gelehrt: jedes Kind hat sein eigenes Schlafbedürfnis.
Ich denke, das Thema „Schlaf“ geht mit viel Veränderung im Laufe der
Kindheit einher. Es benötigt klare Strukturen, im Gegenzug jedoch auch
Kompromisse, und mit viel Geduld und Empathie von unserer Seite löst sich
vieles von selbst.
Es könnte doch alles so einfach sein?
Jein. Babys Schlaf ist kein einfaches Thema per se. Es gibt
unzählige Varianten, um sich dem Thema anzunähern. Was wir als Familie als
richtig erachten, muss nicht zwingend für eine andere gelten, denn jedes Kind
ist individuell. Die Bedürfnisse der Eltern unterscheiden sich genauso wie das
Schlafverhalten der Babys. Eigenes Bett von Anfang an oder doch Familienbett?
Stillen oder Fläschchen?
Schwierig wird es dann, wenn man seine eigenen Vorstellungen als die
einzig wahren erachtet und die Einstellung zum Dogma wird, und hier ist ein
toleranter und respektvoller Umgang höchstes Gut.
Meinen Beitrag zum Thema Schlaf seht ihr übrigens auch als Gastbeitrag im Magazin von Benni's Nest. Das Nestchen aus reinem unbehandelten Zirbenholz ist bei uns seit der Geburt des Frühlingskindes im Einsatz. Meinen Artikel zu Benni's Nest könnt ihr hier nachlesen!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Dieser Blog ist mit Blogspot, einem Googleprodukt, erstellt und wird von Google gehostet.
Es gelten die Datenschutzerklärung & Nutzungsbedingungen für Googleprodukte.
Um auf diesem Blog zu kommentieren benötigst Du - wie bisher auch - ein Google Konto. Konto anlegen
Wenn Du die Kommentare zu diesem Beitrag durch Setzen des Häkchens abonnierst, informiert Dich Google jeweils durch eine Mail an die in Deinem Googleprofil hinterlegte Mail-Adresse.
Durch Entfernen des Hakens löscht Du Dein Abbonement und es wird Dir eine entsprechende Vollzugsnachricht angezeigt. Du hast aber auch die Möglichkeit Dich in der Mail, die Dich über einen neuen Kommentar informiert, über einen deutlichen Link wieder abzumelden.
Du kannst mich aber auch per Mail erreichen: titantina(at)hotmail.com Infos zum Datenschutz auf diesem Blog