30 September 2017

Alltagsgeschichten: 2 Jahre Kleinkind



Der Goldjunge ist ein Herbstkind. Das Fräulein ein Frühlingskind und das dritte Kind wird ein Winterkind. Das hat genau so wie beim Goldjungen zwar den Nachteil, dass die Jahreszeit nicht unbedingt zu einem gemeinsamem Pläuschchen auf der Terrasse unter freiem Himmel einlädt, aber jede Jahreszeit hat seinen eigenen Zauber. Der Herbst ist aktuell mein Favorit, denn der Sommer war mir persönlich auch wegen der besonderen Umstände zu heiß und ermüdend. Der Herbst ist unbestritten die Jahreszeit, die an lauen lichtdurchfluteten Tagen das harmonischste Licht und die wärmsten Farbtöne hervorbringt.



The sun can't shine every day

Momente des Unbehagens hatten sich in den letzten Monaten unweigerlich in unseren Alltag eingeschlichen. Bei jeder Situation, in der ein „nein“ von Seiten des Goldjungen zu erwarten war, erhielt ich nicht einmal das, sondern es wurde kurzerhand drauf los geschrien und getobt. Dinge wurden zu Boden geschmissen, und ich hatte den Eindruck, der Bube ist in diesem Zustand der emotionalen Überforderung gefangen, und findet aus diesem nicht mehr heraus. Einen klaren Kopf bei diesem nicht enden wollenden Lärmpegel zu bewahren ist wahrlich kein einfaches Unterfangen, und so ertappte ich mich nach einer gefühlten Ewigkeit, die auch schon mal 40 Minuten anzuhalten schien, dabei, meine Stimme zu erheben, mit der einzigen  Intention, diesen belastenden Zustand zu verkürzen. Doch ich merkte: je mehr ich auf ihn einzureden versuchte und mit meiner eigenen Stimme das Toben unterdrücken wollte, desto mehr verschlimmerte sich die Gesamtsituation. Eigentlich eine total verständliche Konsequenz, aus der Ferne betrachtet, und rein theoretisch total nachvollziehbar, und klar, wem reißt nicht auch einmal der Geduldsfaden. 
“Ausharren und abwarten", so Option eins, oder doch lieber die Flucht ergreifen à la "aus den Augen aus dem Sinn" um das Weite suchen, wenn es gar nicht mehr gehen mag,  so Option zwei. Einer Fragestellung an mich selbst und mein Bauchgefühl, das mich in solchen Situationen nie im Stich gelassen hatte.



Eines war mir klar: irgendetwas in mir sträubte sich gegen diese oft in Ratgebern empfohlene AUSZEIT, dieser Wunsch, von unserer Seite, das tobende Kind würde sich (besser/schneller) beruhigen, wenn es von uns entfernt werden würde, in seinem eigenen Zimmer abgeschottet, mit dem einzigen Ziel, sich zu beruhigen. Dieses gezwungene Im-Zaum Halten und „denk doch mal nach und beruhige dich“-Methode fühlte sich für mich nicht richtig an, auch wenn ich zweifelsohne vor Jahren bereits meine Erfahrung im Umgang mit Fräuleins Trotzanfällen damit gemacht hatte. Heute jedoch kommen Zweifel bei dieser Methode auf, und ich stelle mir unweigerlich die Frage:“Ist ein Kleinkind überhaupt fähig dazu, aufgeladen von Emotionen, in eine bestimmte Richtung über den Vorfall „nachzudenken?“ Oder braucht es nicht doch uns Eltern, die dem Kind verhelfen, in einer solch verfangenen Situation, in der sie verstrickt sind, gemeinsam wieder herauszukommen?


Bloomingville Teppich von Bea Bitzer


Leichtigkeit

Klar, diese Vorfälle sind Teil des Kleinkindalltages, sie sind essentieller Bestandteil der kindlichen Entwicklung und ein ja an sich positives Zeichen für die Autonomiebestrebungen des Kindes. Und sie sind unbestritten herausfordernd, aber zugleich merke ich, dass sich etwas Grundlegendes und Gravierendes verändert hat. Es ist wieder ein Stückchen Leichtigkeit in unseren Alltag eingekehrt. Erstens von meiner Seite, indem ich mir immer wieder vor Augen halte, warum dies und jenes passieren MUSS, und dass dies, so anstrengend es auch immer wieder sein möge, letztendlich ein positiver Prozess auf dem Weg zur Selbständigkeit des Kinder ist, und kein Beharren auf „Machtübernahme“ oder gar Böswilligkeit und Tyrannentum, denn mein Ziel ist eine liebevolle Begleitung und Verständnis für die kindliche Entwicklung.  Letzen Endes war es sicherlich auch auf die sprachliche Entwicklung der letzten Wochen, ja sogar Tage zurückzuführen, die so manche Situation entschärft hat. Kurz gesagt, wir verstehen einander um Welten besser, und ehrlich gesagt, war es für mich als Mutter eine riesige Herausforderung, erst einmal zu verstehen und herauszufiltern, worum es dem Goldjungen in so mancher Situation ihn aufreibenden Situation eigentlich ging.




JA statt NEIN

Kaum zu glauben, da noch sehr frisch, und ich klopfe bei dieser Gelegenheit auf Holz und muss mir rein beim Gedanken daran ehrlich gesagt etwas ungläubig ein Schmunzeln verkneifen, aber der Goldjunge hat uns von einem Tag auf den anderen überrascht und bringt uns immer wieder damit zum Lachen, und zwar mit den neu gefundenen Worten:

Ja.Ja. Jaaaaa!

Er liebt es und hat gleichzeitig eine Riesenfreude damit, JA zu sagen. Erst einen Tag vor seinem Geburtstag trat die große Wende ein, und ich musste direkt 2 Mal nachfragen, was ich da gehört hatte. Denn: der Goldjunge beantwortete bis dahin jede Frage unverkennbar und äußerst resolut mit einem knappen NEIN, auch wenn (!) er JA meinte. Ja, auch wieder hier: es bedarf einer akribischen Beobachtungsgabe meinerseits, denn man stellte sich insgeheim die Frage, was er uns denn bloß in Wirklichkeit mit seiner Aussage sagen mochte. Ein Beispiel gefällig? 

„Magst du einen Apfel?“ „Möchtest du in den Garten gehen?“ oder auch „Hat dir das Spaß gemacht?“ Der einheitliche Tenor war stets ein sehr eigenwilliges NEIN. Folglich sah ich mich gezwungen, ihn vor dem Aufbruch weg von zu Hause sicherheitshalber doch noch einmal nachzufragen,  was aber oft wiederum zur Folge hatte, dass er dann zu kreischen begann, weil das NEIN eigentlich ein JA zu bedeuten hatte.
Lang Ding braucht bekanntlich Weile, und alleine aus diesem Grund (und ja, ich habe es ausgetestet, ein heutiges JA bedeutet kein NEIN!) ist momentan alles um ein Vielfaches einfacher!
Der Goldjunge zelebiert das neu gewonnene Wort, und man sieht es ihm an: er hat Freude damit! Und wir mit ihm!





Kipper, Frontlader, Betonmischer...und was bitte ist ein Dumper?


Als ursprüngliche Mädchenmama hat man nicht wirklich Einblick in die äußerst umfangreiche Welt der Fahrzeuge und deren fachmännischen Bezeichnung. Zumindest nicht, wenn man selbst kein Interesse an Fahrzeugen hegt. Ich war ein Kind, das liebend gerne mit Puppen spielte, aber mit Autos absolut nichts am Hut hatte. Das Fräulein tendiert da in eine andere Richtung (ihr größter Wunsch zu Weihnachten ist ein ferngesteuertes Auto), aber in jüngeren Jahren war auch bei ihr keinerlei Leidenschaft für Fahrzeuge erkennbar, auch wenn sie seit Anbeginn an eine große Kiste mit Matchboxautos, ein Relikt aus Herrn W.s Kindheit, ihr eigen nannte.

Wieder anders der Goldjunge. Nicht, dass ich es nicht ausprobiert hätte mit diversen Alternativen, wie einer kuscheligen Waldorfpuppe, deren rote Haarpracht  einst dazu dienen sollte, den Haartick des Bubens umzulenken, was sich jedoch leider bis heute erfolglos erwies (ich berichtete bereits in den vorherigen Kleinkind-Updates hier und hier).  Fakt ist: Bausteine, ja nicht mal Werkzeug oder Bücher, in denen KEIN Fahrzeug vorkommt, haben eine Chance, in die Liga der liebsten Spielzeuge aufgenommen zu werden. Aber auch nicht die geringste Chance.

In einem unbeobachteten Moment setzte ich dem Goldjungen ein neues Buch mit liebevoll gemalten Waldbildern und Waltieren vor, detailgetreu bebildert in einem wundervollen Herbstbuch. Sogleich verschanzte ich mich hinter einer Ecke und spähte mit großem Interesse hinüber, in neugieriger hoffnungsvoller Erwartung, der kleine Fahrzeugfan würde den Inhalt des Buch mit Begeisterung aufnehmen. Und siehe da, blätternd von hinten nach vorne - so wie er es immer tat - und  in weiser Voraussicht, auf der letzten Seite befinde sich ein Überblick über die gesamte Bücherreihe, legte er das Buch resigniert und völlig desinteressiert weg, war er doch  in freudiger Erwartung, es befände sich darin doch ein Buch über Fahrzeuge! Sein Kommentar zu dieser Geschichte:“ Auto spielen“., und weg war er.



Neben Brio Bahn und Co ist es inzwischen unser neuer Teppich, der nun als kuschelige Unterlage für die vielen uralten Modellautos aus dem Jahre Schnee (sie stammen tatsächlich vom Sperrmüll) herhalten muss. Der Baumwoll-Teppich ist in Windeseile zusammengerollt, und begleitet uns schon mal von Küche ins Wohnzimmer oder an schönen Tagen wie diesen auf die Terrasse.



"Da können wir auch einen Wald darauf machen!" so Fräuleins Idee, die immer die besten Ideen hat, und zeigt auf die auf dem Schulweg gesammelnten Eicheln, Kastanien und Nüsse. Sie gruppiert sie liebevoll um den Bären und den Wald auf dem Teppich, gemeinsam mit den bunten Blättern, die sich auf der Terrasse befinden. Und siehe da, schon ist die nächste Spielidee erfunden. Es müssen ja nicht immer Autos sein :-)


               Ich wünsche euch eine hoffentlich sonnige Herbstwoche ohne Regen!


Eure Tina


















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