Kommst du mit zum Angeln?" fragt Julius, der mit seinem orangeroten Haar und seinen vielen Sommersprossen an die spitzbübische Variante von Pippi Langstrumpf erinnert. Das Fräulein überwindet flugs ihre Scheu und die beiden peilen den kieseligen Strand des Campingplatzes an. Das Fräulein und ihr eben gefundener neuer Freund verbringen Stunden damit, Fische zu angeln, um sie nach genauer Begutachtung wieder in die Freiheit zu entlassen. Denn Julius ist Vegetarier und er ist ein großer Tierfreund. Mit Julius und seiner nicht minder süßen jüngeren Schwester im Schlepptau versteht sich das Fräulein auch ohne Worte blind. In den ersten Minuten ist für sie klar: wir schwimmen auf einer Wellenlänge und wir sind uns ziemlich ähnlich. Zumindest was das Temperament betrifft! Spielsachen sind Nebensache. Die Kieselsteine und die durch die hohe Feuchtigkeit durch den Regen der letzten Tage zu hunderten hervorkriechenden kroatischen Schnecken sind Spiel Nummer eins. Ein Wettrennen der Schnecken ersetzt das Spiel mit Barbiepuppen, denen sie im Grunde nicht wirklich etwas Positives abgewinnen kann, aber die Mädchen aus dem Kindergarten stehen drauf. Beinahe hätten wir vergessen, dass man, um die Phantasie eines Kindes anzuregen, nicht vieler Dinge bedarf. Manchmal sind die einfachsten Dinge die interessantesten, nicht wahr? Julius sagt, er geht in den Waldkindergarten und verbringt dort den ganzen Tag im Wald. " Ist das nicht fad?" fragt das Fräulein. "Nein, gar nicht!" kontert Julius und seine blauen Augen funkeln. "Die Jause gibt es in einem großen Tipi und wir klettern auf Bäume!" Tatsächlich, das Fräulein kann es gar nicht fassen:" Bei uns im Kindergarten ist klettern verboten."
Julius erzählt über die von den Kindern selbstgebaute Rutschbahn aus Schnee im Winter und die gesammelten Gallwespenkugel. Gallwespenkugeln? Noch nie gehört! Julius sagt, es gäbe Wespen, die ihre Eier in die Blätter von Eichen legen und daraus kugelartige Gebilde entstehen, aus denen sich im Frühjahr die Gallwespe kämpft - wie ein Küken aus einem Ei.
Das Fräulein hat beinahe vergessen, dass Julius kein Mädchen ist, und das Spiel mit einem Buben genauso viel Spaß machen kann. Stereotype, die zwischen den Geschlechtern eine Mauer entstehen lassen. Vergessen ist auch die Denkweise, dass Buben nur Unfug im Kopf haben und wilde Spiele bevorzugen, mit Bauklötzen um sich werfen und von Renate, der Kindergartenpädagogin schwierige Spiele bekommen, damit sie nichts anstellen können.
Julius und Sophia kommen Hand in Hand herangerannt und verkünden lauthals das Highlight des Tages: ein Fisch wurde gefangen! Eine Freundschaft für die Ewigkeit, die auf dem Kiesstrand begann und ziemlich sicher eine gemeinsame Zukunft in heimischen Gefilden hat.
Was für eine schöne Geschichte!
AntwortenLöschenNa das ist mal eine schöne Geschichte =)
AntwortenLöschenWundervolle Fotos, die Geschichte dazu ist aber fast noch schöner :)
AntwortenLöschenLiebe Grüße
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